Prekäre Beschäftigung im Elektroniksektor

In der Elektronikindustrie sind bei Produktionsspitzen 80 bis 90 Prozent der Belegschaft nur auf Basis befristeter Arbeitsverträge beschäftigt, ergab eine von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) kürzlich veröffentlichte Analyse zur „Just-in-Time"-Produktion im Sektor und den damit einhergehenden Beschaffungspraktiken, die auf Studien in fünf Ländern beruht. Flexible und prekäre Beschäftigungsverhältnisse sind in der weltweiten Elektronikindustrie zunehmend an der Tagesordnung. Die Beschäftigten sind oft bei Personalvermittlern oder anderen Firmen angestellt und nicht von dem Betrieb, in dem sie arbeiten. Sie erhalten oft nur kurzfristige, unsichere Arbeitsverträge, die keine Sozialleistungen beinhalten und keine Beschäftigungssicherheit bieten.

Die nachstehend angeführten Beispiele prekärer Beschäftigungsverhältnisse sind kürzlichen Berichten von ArbeiterInnen aus verschiedenen Ländern an Electronics Watch entnommen.

  • WanderarbeiterInnen, die in Wohnheimen getrennt von ihren Familien leben, müssen sich jederzeit auf Abruf zu Arbeitseinsätzen bereit halten, wissen aber weder, wie lange sie im nächsten Monat oder in der nächsten Woche arbeiten werden noch ob ihr Verdienst überhaupt ausreichen wird, um davon leben zu können. Sie haben weder einen sicheren Arbeitsplatz noch sind sie sozialversichert.
  • Angehörige der Stammbelegschaft sind mit ihren Löhnen sowie mit den Gesundheits- und Sicherheitsstandards unzufrieden und gründen eine unabhängige Gewerkschaft. Doch am Tag nach dem Antrag auf Durchführung von Anerkennungswahlen (erforderlich für eine Anerkennung als Betriebsgewerkschaft) entlässt das Unternehmen zahlreiche Beschäftigte, darunter beinahe sämtliche Mitglieder der Gewerkschaft, angeblich um drohende erhebliche Verluste zu verhindern. Tatsächlich werden sie jedoch durch von Personalvermittlern bereitgestellte Arbeitskräfte ersetzt, die mit spärlichen Sozialleistungen abgespeist werden und keine Aussicht auf sichere Arbeitsplätze haben.
  • Eine Mehrheit der befragten ArbeiterInnen berichtet, von Leiharbeitsfirmen und nicht von dem Betrieb angestellt worden zu sein, in dem sie arbeiten. Ihre Arbeitsverträge sind auf zwei oder drei Monate befristet. Die überwiegende Mehrheit war höchstens sechs Monate im Betrieb beschäftigt. Viele ArbeiterInnen würden aus Sorge um ihre Gesundheit kurz nach ihrer Einstellung wieder kündigen, wie die Befragten angaben.

Prekäre Beschäftigungsverhältnisse wirken sich sehr negativ auf die alltäglichen Arbeitserfahrungen der ArbeiterInnen aus, sie beschränken ihre Möglichkeiten, ihre Rechte am Arbeitsplatz wahrzunehmen und sie gefährden ihre wirtschaftliche Sicherheit. In der Monitoring-Arbeit von Electronics Watch wird diesem Problembereich dieses Jahr daher besondere Beachtung zukommen. Wenn Sie Studien zur prekären Beschäftigung im Elektroniksektor durchgeführt haben, würden wir uns freuen, wenn Sie sich mit uns in Verbindung setzen.