Volles Haus bei Electronics Watch-Mitgliedertreffen und Symposium zur modernen Sklaverei

Dreizehn Electronics Watch-Mitglieder waren bei zwei inspirierenden Veranstaltungstagen an der Universität Greenwich in London im Dezember 2016 vertreten, die dem Thema Zwangsarbeit in globalen Lieferketten gewidmet waren. Das Mitgliedertreffen am ersten Tag bot Gelegenheit, mit VertreterInnen von Electronics Watch Monitoring-Organisationen aus vier Weltregionen zusammenzukommen und sich über die Monitoring-Methoden und die Hauptprobleme zu informieren, die durch diese Arbeit aufgedeckt werden können. Ebenso kam es zu einem Treffen der Mitglieder und Monitoring-ExpertInnen mit dem Vorstand, was einen wertvollen Austausch über die Prioritäten für Electronics Watch in 2017 ermöglichte. Am zweiten Tag, beim Greenwich Symposium über moderne Sklaverei, Menschenhandel und Menschenrechtsverletzungen in globalen Lieferketten, waren vier Mitglieder als Vortragende in der Diskussionsrunde zur Rolle und Verantwortung öffentlicher Auftraggeber geladen.

Die Anmeldungen zu dem von Electronics Watch mitorganisierten Symposium, insbesondere von Universitäten, Gebietskörperschaften und Einkaufskonsortien, überstiegen die Platzkapazitäten, und die Teilnehmerzahl vervierfachte sich gegenüber dem vorjährigen Symposium – ein Indiz für die wachsende Bereitschaft öffentlicher Auftraggeber, Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte in ihren Lieferketten zu übernehmen. Public Spend Forum Europe veröffentlichte einen zweiteiligen Artikel (Teil 1, Teil 2) über die Diskussionsrunde zur öffentlichen Beschaffung. Besonderer Dank gebührt Olga Martin-Ortega, Assistenzprofessorin an der Universität Greenwich und Vorstandsmitglied von Electronics Watch, für die Koordination des Symposiums, der Forschungsgruppe für Wirtschaft, Menschenrechte und Umwelt (BHRE) für ihre Gastfreundschaft und dem Einkaufskonsortium der Londoner Universitäten (LUPC) für die Mitorganisation des Symposiums.

Baroness Lola Young of Hornsey verwies in ihrem einführenden Vortrag darauf, dass nur zehn Prozent der britischen Bevölkerung wissen, dass es Formen moderner Sklaverei gibt, und unterstrich die Bedeutung des Modern Slavery Act von 2015 – dem ersten britischen Gesetz gegen Sklaverei seit ihrer Abschaffung durch das Abolitionsgesetz von 1833. Artikel 54 des Modern Slavery Act betrifft die globalen Lieferketten.  Er verpflichtet Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 36 Mio. britischen Pfund oder mehr zu einer jährlichen Berichterstattung über die Maßnahmen, die ergriffen wurden, um sicherzustellen, dass die Lieferketten und die eigene Geschäftstätigkeit frei von Sklaverei und Menschenhandel sind.

In den Diskussionsrunden zu Arbeitsrecht, Regulierung und Beschaffungspolitik nach dem Vortrag von Baroness Young erläuterten ExpertInnen, worauf es ankommen wird, um moderne Sklaverei, Menschenhandel und Menschenrechtsverletzungen in globalen Lieferketten zu beenden. Die ArbeitsrechtsexpertInnen, alle von Electronics Watch-Monitoring-Organisationen, betonten übereinstimmend die Bedeutung der Vereinigungsfreiheit und einer wirksamen kollektiven Vertretung der Arbeiterinnen und Arbeiter. „Dass die Löhne in Mexiko so niedrig sind, lässt sich nur durch das Fehlen unabhängiger Gewerkschaften erklären", hielt ein Experte fest. „Weniger als ein Prozent sind in einer wirklich unabhängigen Gewerkschaft organisiert." „Arbeiter genießen keinen wirksamen Schutz vor Menschenrechtsverletzungen", betonte ein Experte aus Indien. „Was sie verdienen, ist entsetzlich wenig. Sie können kein menschenwürdiges Leben führen. Es ist überaus wichtig, dass sich die Arbeiter Gehör verschaffen und dass Gewerkschaften von in Indien tätigen Unternehmen anerkannt werden."

Ohne Transparenz in den Lieferketten lassen sich Menschenrechtsverletzungen nicht abstellen, so der Tenor in den Diskussionsrunden zu öffentlicher Beschaffung und Regulierung. „Transparenz ist der wichtigste Treiber von Veränderungen", versicherte ein Experte. „Öffentliche Auftraggeber müssen die Fragen stellen. Markenhersteller müssen sich die Informationen beschaffen und unter Beweis stellen, dass sie informiert sind. Wir müssen sie zur Rechenschaft ziehen."  Betont wurde auch die Wichtigkeit, „harte" und „weiche" Maßnahmen zu kombinieren, d.h. einerseits durchsetzbare Regeln, andererseits Bewusstseinsbildung.  „Straftatbestände einzuführen ist notwendig, ebenso aber auch Information und Bewusstseinsbildung", erklärte eine Expertin zur modernen Sklaverei im Vereinigten Königreich.  Und im Alleingang werde es keine echte Lösung geben, wie viele Vortragende aus praktischer Perspektive festhielten. „Zusammenarbeit ist der Schlüssel. Grundsätze zu formulieren und sie auf der Website und in den Ausschreibungen klar darzulegen, das ist der erste Schritt. Aber wie erreicht man tatsächlich Veränderungen? Da kommt es entscheidend auf Zusammenarbeit an."